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Proteine fischen in der Zelle

16. Juli 2011. Zellen haben verschiedene Möglichkeiten, nicht mehr benötigte Proteine, beschädigte Zellorganellen oder eingedrungene Bakterien abzubauen. Einen dieser Prozesse, die Autophagie, hielten die Forscher lange Zeit für wenig interessant, weil er in ihrer Vorstellung nicht selektiv funktionierte: „Man dachte, die kleinen Bläschen oder Vesikel, die den Abfall in der Zelle verpacken, wären so etwas wie ein großer Müllsack, in den mehr oder weniger wahllos hinein gestopft wird“, erklärt Dr. Christian Behrends. Erst in jüngster Zeit finden Wissenschaftler Hinweise dafür, dass dem Prozess ein ausgefeilter Steuerungsmechanismus zugrunde liegt. Dank der Förderung durch das Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) kann Christian Behrends diesen Prozess mit seiner Nachwuchsgruppe am Institut für Biochemie II der Goethe-Universität nun detaillierter untersuchen. Er erhält rund 1,5 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren.

Woher „weiß“ eine Zelle, dass sie das Autophagie-Programm starten muss? Mit dieser Frage beschäftigte sich Behrends schon bevor er nach Frankfurt kam. Während seiner Zeit als Postdoktorand an der Harvard Medical School in Boston fand er in Prof. Wade Harper einen Betreuer, der für neue Ideen offen war. Obwohl in der Arbeitsgruppe bis dahin noch keiner an Autophagie gearbeitet hatte, durfte Behrends ein „fishing experiment“ starten. Das bedeutet, er fischte in der ungeheuer dichten „Suppe“ aus Proteinen und Zellorganellen in der menschlichen Zellen nach solchen Proteinen, die an Autophagie beteiligt sind. Der Erfolg: Als Behrends im September 2010 seine neue Stelle an der Goethe-Universität antrat, hatte er so etwas wie eine Landkarte der beteiligten Proteine und ihrer Interaktionen erstellt. Jetzt geht es darum, die Dynamik dieser Wechselwirkungen zu erforschen und molekulare „Schalter“ zu finden, die den Prozess hemmen oder aktivieren.

Die Kontakte zu Prof. Ivan Dikic am Institut für Biochemie II knüpfte Christian Behrends bereits während seiner Zeit als Postdoktorand in Boston. Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung, die ihm den Forschungsaufenthalt ermöglichte, legt ihren Stipendiaten nahe, in Deutschland einen Tutor zu wählen. Behrends sprach Dikic während einer Konferenz in New Hampshire an, weil dieser ähnliche Forschungsinteressen verfolgt. So ging der Plan der Humboldt-Stiftung auf, exzellenten Nachwuchswissenschaftlern eine Brücke zurück nach Deutschland zu bauen. „Die Ausstattung meiner Stelle ist sehr gut und der wissenschaftliche Austausch zwischen den sechs Arbeitsgruppen am Institut für Biochemie II eine kollegiale und inspirierende Arbeitsumgebung“, sagt Behrends, der in Bad Homburg zur Schule gegangen ist. Vor kurzem ist auch seine Frau von München nach Frankfurt übergesiedelt, denn vor drei Wochen wurde die gemeinsame Tochter geboren.

Dr. Christian Behrends, 35, studierte Biologie an der Universität Konstanz. Während seiner Diplomarbeit hatte er den ersten Forschungsaufenthalt im Ausland, an der Universität Cardiff, Großbritannien. Seine Doktorarbeit machte er bei Prof. Franz-Ulrich Hartl am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martiensried. Von 2007 bis September 2010 arbeitete er an der Harvard Medical School in Boston, USA. Er hat bereits in angesehenen Fachzeitschriften wie „Molecular Cell“ oder „Nature“ als Erstautor publiziert. Das Emmy-Noether-Programm der DFG ebnet exzellenten Nachwuchswissenschaftlern den Weg in die Selbstständigkeit. Behrends kann mit den Fördermitteln vier Doktoranden und eine technische Assistentin anstellen sowie Geräte und Verbrauchsmaterialien anschaffen. Diese Mittel erlauben es ihm, seine wissenschaftliche Fragestellung auf einer breiten Basis anzugehen.


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