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Mechanismus einer makromolekularen Maschine des Zellkraftwerks

Januar 2015. In der aktuellen Ausgabe des angesehenen Journals Science beschreiben Wissenschaftler des Frankfurter Exzellenzclusters „Makromolekulare Komplexe“ in Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg die Röntgenstruktur des größten Proteinkomplexes der mitochondrialen Atmungskette. Der mitochondriale Komplex I spielt bei der Gewinnung von zellulärer Energie eine Schlüsselrolle und wird darüber hinaus mit der Entstehung von neuromuskulären und neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung gebracht.

Alle Zellen unseres Körpers sind auf die ständige Zufuhr von Energie angewiesen. Der molekulare Treibstoff unserer Zellen ist das sogenannte ATP, oder Adenosintriphosphat. Die Bildung von ATP erfolgt hauptsächlich in den Mitochondrien. Bildlich gesprochen sind sie die Kraftwerke unserer Zellen. Die Synthese von ATP wird letztendlich durch eine biologische Oxidationsreaktion angetrieben, die auch als Atmungskette bezeichnet wird. Für das Funktionieren der Atmungskette müssen wir allen Zellen unseres Körpers permanent ausreichende Mengen an Sauerstoff zur Verfügung stellen. Bei der biologischen Oxidation wird, anders als z. B. bei einer Verbrennung, die Energie in kleinen Paketen freigesetzt und zunächst in einer Zwischenform gespeichert. Diese Zwischenform ist der Aufbau eines Protonengradienten über einer speziellen Membran des Mitochondriums. Der Protonengradient ist dann die eigentliche Triebkraft für die ATP Synthese. Mit anderen Worten, in der Atmungskette wird Redoxenergie zum Transport von Protonen von einer Seite auf die andere Seite einer Membran benutzt und so in den Aufbau eines für die ATP Synthese benötigten Protonengradienten investiert.

Der mitochondriale Komplex I ist die größte und komplizierteste Redox-getriebene Protonenpumpe der Atmungskette. Aus vorangegangenen Studien gab es Hinweise darauf, dass Redoxreaktion und Protonentransport im Komplex I erstaunlicherweise räumlich voneinander getrennt abzulaufen scheinen. Die Frankfurter Wissenschaftler konnten nun aus der detaillierten Analyse der Struktur ableiten, wie die beiden Prozesse miteinander in Verbindung stehen. Damit konnten sie einen wichtigen Beitrag zum Verständnis einer makromolekularen Maschine unseres Zellkraftwerkes leisten und somit einen elementaren Vorgang im Energiestoffwechsel aufklären.

Komplex I kann reversibel zwischen einer aktiven und einer deaktiven Form hin und her wechseln. Dies wird als ein Schutzmechanismus gegen die Bildung von schädlichen Sauerstoffradikalen diskutiert. Die Struktur gibt nun deutliche Hinweise darauf, wie sich diese beiden Formen voneinander unterscheiden und ineinander überführt werden können. Die Forschungsergebnisse geben damit auch wichtige Hinweise zu den molekularen Grundlagen einer pathophysiologisch bedeutsamen Eigenschaft von Komplex I. Mehr

 

Kontakte
Volker Zickermann, Structural Bioenergetics Group, Institut für Biochemie II,  Goethe-Universität Frankfurt, Frankfurt am Main, Zickermann@med.uni-frankfurt.de

Harald Schwalbe, Institut für Organische Chemie und Chemische Biologie, Center for Biomolecular Magnetic Resonance, Goethe-Universität Frankfurt, schwalbe@nmr.uni-frankfurt.de

Ulrich Brandt, Nijmegen Center for Mitochondrial Disorders, Radboud University Medical Center, Nijmegen, Niederlande, U.Brandt@cukz.umcn.nl

 

Publikation
Zickermann V, Wirth C, Nasiri H, Siegmund K, Schwalbe H, Hunte C, Brandt U (2015) Mechanistic insight from the crystal structure of mitochondrial complex I. Science 347:44-49. Link